GESCHMACKVOLLE AUßENSEITER ZWISCHEN DEKADENZ UND NEUEM REICH / DER TYPUS DES DANDY, WIE ER HEUTE ZU SEIN HAT.
 

Was hier von Interesse ist, hat nicht allzuviel gemein, weder mit den Modeaffen des 19. Jahrhunderts noch mit der stereotypen Idee des Dandys als erfolgreich geschäftigem Lifestyle-Mitläufer, wie sie uns Männermodemagazine in den Raum zu stellen versuchen. Der Dandy, welcher hier und heute seinen Dienst an der Menschheit versieht (durch bloße Existenz allein und entsprechenden Auftritt), darf auch die Affektiertheit historischer Vorläufer und die parfümüberladene Tuntenhaftigkeit gut betuchter Irrläufer getrost in der Mottenkiste vor sich hin gammeln lassen. Das Pack, welches sich heute unter dem Etikett Playboy und Lebemann in Szene setzt, ist nicht unserer Natur, und wir tun gut daran, für uns zu bleiben, und das heißt wohl zu allermeist, alleine für sich zu sein und zu stehn. Die Welt des Glamours gebiert kein Heldentum. Der Lebemensch des Showbusiness schöpft aus keiner Einsamkeit und steht in keiner Berührung mit der Transzendenz, die uns nach antikem Muster erschaffen hat. Wir gehören keiner High-Society an, und wenn doch, dann ist sie überirdischer Natur. Monte-Carlo und St. Moritz, das Cafe de Paris und der Hollywood Boulevard - was bedeutet der Ruf und der Klang solcher Namen, wenn nirgendwo an einem Tisch noch aristokratisches Bewußtsein atmet, keine Seele mehr über die Räumlichkeiten hinausstrebt, keine Geschmacklichkeit mehr in den Raum strahlt, kein Empfindungsreichtum mehr den Moment zu einer Ewigkeit erhebt.

"WAS DIENT UNS SCHLACHTENVORTEIL, SCHARFSINN, KRAFT! IN BLUTGEDÜNGTEM MARSCHLAND MUTIGE WEHR! WENN UNS DIE HOHEIT STIRBT!" Dies schrieb Stefan GEORGE (in DAS NEUE REICH), nicht mit Fragezeichen versehen, sondern mit Ausrufezeichen. Das Äußere wird blaß und verkommt zur Fassade, wo kein Innenleben mehr regiert.

"ES IST EINE VORTREFFLICHE SACHE, PARTYS ZU GEBEN, DOCH DIE MENSCHEN WISSEN NICHT MEHR, WIE MAN SICH ANZIEHT. ES BRICHT MIR DAS HERZ, DIE LEUTE HABEN SELBST DEN GESCHMACKSSINN FÜR PARFUMS VERLOREN. NICHTS WIRD HEUTZUTAGE FÜR DEN GUTEN GESCHMACK GETAN ODER FÜR DIE SCHÖNHEIT DER DINGE. STATTDESSEN APPELLIERT MAN AN DIE NIEDRIGSTEN INSTINKTE." (Marie-Helene Rothschild /Paris)
 

Falls irgendein tiefgründiger Mensch jetzt behaupten mag, daß wir hier der Oberflächlichkeit huldigen, befindet er sich im Irrtum. Und im Endeffekt hat doch alle Tiefsinnigkeit des gedanklichen Betriebes keinen lebendigen Wert, wenn sie der Äußerlichkeit nicht auf den Grund zu gehen weiß. Zwischen dem Pol des äußeren Anscheins, der nur Fassade ist und der Geistigkeit im zufälligen T-Shirt, darf eine Position angestrebt werden, ähnlich der eines Würdenträgers, dessen äußerer Eindruck der Welt signalisiert, daß er etwas von jenem unsichtbaren und unveräußerlichen Reichtum in sich trägt, in welchem die Welt und das Leben verankert sind, und von wo aus die Welt in ihrem Gefüge zusammengehalten wird. Je mehr der Mensch Mensch wird, desto tierischer geht es mit ihm bergab. Je weniger aristokratische Vorbilder noch stehen, desto mehr Lebemenschen drängen ans Licht. Der Lebemensch von heute ist die modische Eintagsfliege zwischen Markenfetischismus, Weltoffenheit, Toleranz und der Lässigkeit eines Understatements, das rückwirkend viel protziger und dicker aufgetragen wirkt, als ein Maßanzug mit korrekter Krawatte. Der elitäre Anspruch hat sich verkehrt. Mit gutem Recht betrachtet der aristokratisch gepolte Mensch die automatisierten Bewegungsabläufe des modernen Lebens von oben herab. Er ist sich seiner Position bewußt, vor dem Gewöhnlichen und jedweder Allgemeinheit. Die legere Elite der Lebemenschen betrachtet ihre Umwelt, trotz ihrer Überheblichkeit, von unten nach oben. Die bunten Hemden stehen offen, die Sandalen sitzen locker, und die Polsterung der Brieftasche schenkt Souveränität in einer Welt, die am liebsten als käuflich betrachtet wird. Diese käufliche Welt aber ist der Horizont, die unerlöste Weite, in der sich das Leben verirrt und verliert. Mit der neuesten Trendfrisur, ihrer kosmopolitischen Unkompliziertheit, ihren lässigen Jeans und ein paar Turnschuhen, welche Ihnen der Zeitgeist diktierte, schwimmen sie mit dem Flair von Outlaws immer mit dem Strom. Das ist die Erfolgselite in den Medienbetrieben, zwischen Filmschaffen, Werbeagenturen und New Economy. Das Arschloch, wie es im Buche steht, zwischen CAIPIRINHA, FDP Wählen, LEBEN WOLLEN und für alles offen Sein, was einen im Vorbeiflug berührt. Wir sind nicht der Jetset, wir sind Beobachter, Zeugen, Flaneure, Schöpfer und von den Göttern ebenso verflucht wie gesegnet. Unser Zuhause ist der Geschmack. Unser Reich ist, Gott behüte, nicht von dieser Welt, aber wir schätzen die Reflektionen, welche unsere Sehnsucht zurück ins Irdische strahlt, in manchen Momenten der Glückseligkeit.

Genießer-Ecke "Schottischer Ritus". Old school but true!

 
"DER DANDY ALTEN STILS IST ELITÄR-ARISTOKRATISCH, ER SCHÖPFT AUS DEN WERTMUSTERN EINER VERSUNKENEN EPOCHE, DIE ER IN SEINER PERSON WIEDERBELEBEN WILL. ER EXISTIERT AUßERHALB DER ZEITMODEN, IST EIN KONSERVATIVER REBELL UND VERACHTET DIE MODERNE MASSEN- UND MEDIENKULTUR." (Günter ERBE: "Dandys, Virtuosen der Lebenskunst" / Böhlau)

Weitgehend ausgestorben!
Mann um die 50 in Perfektion.

 
Wenn Lifestyle- und Modemagazine also die Rückkehr des Dandys lobpreisen, weil 30jährige heute Golf spielen und handgenähte Handschuhe tragen oder als "die kultivierteste Generation" seit den Fünfziger Jahren gelten, weil man ein paar aufgesetzte Benimmregeln beherrscht, dann haben diese Vertreter dennoch nichts mit uns gemein. Wer Golf spielt, ist von vorn herein schon mal nur ein Wichser. Vor dem Selbstmord aus Langeweile und Übersättigung steht nur noch der Golfclub. Jede Ödnis der Welt ist aufregender und spannender, als dieses Terrain für die besser Betuchten und lebenden Toten. Harfe spielen ist dagegen dramatisch. Handgenähte Handschuhe sind selbstverständlich Gesetz, aber auch hier unterscheidet uns die hohe Intensität unserer inneren Ausrichtung gegenüber dem Objekt vom gedanklichen Antrieb des modernen Yuppies. Wir bringen dem passenden Handschuh keine geringen Opfer. Sie sind kein Accessoire irgendeiner modischen Laune. Diese Haut muß aus Tier sein, um unseren Händen den göttlichen Glanz zu verleihen.

Sommerfilzjacke 170,- Euro     Kravattenrock 120,- Euro     Shirt 90,- Euro
NEUE DESIGNER MODE für DIE "LETZTEN MENSCHEN"

Wir sammeln keinen Besitz. Wir schaun mal eben nur vorbei, durchfahren das Leben, schmecken Nuancen und treten bei Zeiten wieder ab. Was wir verkünden, ist nur bruchstückhaft das, was wir leben. Der Anspruch kollidiert mit der Wirklichkeit, weil kein Idealismus sich so weit herablassen möchte, um hier greifbar zu werden. Wir sind selber nur gespenstische Idee eines Reiches, unerlöst und zu Boden geschleudert. Das Höhere, für das wir gerade stehn, ist die Sehnsucht, die keiner nachvollzieht, der nicht verwandten Geistes Kind ist. Unsere Arroganz, unser Posing und Auftreten muß, bei aller Äußerlichkeit, im Innersten wurzeln. Nicht nahbar zu wirken auf das Gewöhnliche, mag, von Außen betrachtet, wie überhebliche Verschlossenheit muten. Unsere Reserviertheit vollzieht sich aber im Bewußtsein darüber, daß wir uns äußerlich als Fassung verstehen, für ein Juwel, das wir in uns tragen, welches uns Herz, Seele und Geist bedeutet, und dafür, daß man keine Perlen vor die Säue wirft. Wir sind keine Yuppies, unser Bewußtsein kommt von Herzen und definiert sich über keinen Erfolg, keinen Zuwachs, keine Gewinnspannen und Prozente. Wir hegen keinen Ehrgeiz und kriechen vor keinem Statussymbol. Daß ein hervorragend guter Anzug ein Markenprodukt sein muß, steht außer Frage für uns, aber wir sind keiner Marke hörig, keinem Namen und keiner Firmensymbolik. Wir liegen nie im Trend, wir stehn über ihm. Moden ziehen an uns vorüber, und der Ton, den die Saison angibt, interessiert uns nicht. Extravaganzen kommen und gehen, wer ihnen folgt, ist verloren. "IN" sein heißt gefangen sein. Wir vertreten die klassische Linie, den scharfen Schnitt. Und während die Modekarussells rotieren, wissen wir, daß der Trend zum sportlichen Schuh den Untergang der westlichen Welt mit bedeutet und der Weiblichkeit keine Grazie mehr zugesteht.

Peter W. im blauen Hemd mit Zweifach-Revers

Herrenreiter ohne Pferd, aber mit solidem Background

Beide Bilder aus dem Programm der TWEED COMPANY / München, die auf Retro-Kleidung der30er und 40er Jahre spezialisiert war und die Produktion 2003 leider eingestellt hat.

Was ich sehen möchte in der Welt, ist höchste äußerliche Geschmacklichkeit, die aus dem inneren kommt und all den Dreck, all den Müll ausschließt, der aus Kalkül, aus Effizienz, aus Pragmatismus und reiner Zeitgeistigkeit heraus gefertigt wurde. Äußerlichkeiten, die auf keine Sehnsucht zurückzuführen sind und auf keine Ewigkeit weisen.
 

"DER KÜNDER HAT HÄUFIG NICHT DIE SUBSTANZ DESSEN IN SICH, WAS ER KÜNDET. BEI IHM WIRD DIE SEHNSUCHT PRODUKTIV" (Christoph STEDING: "Das Reich und die Krankheit der Europäischen Kultur" /Hamburg 1983)

 

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